30. September 2025 Pressemitteilungen Landesverband / Publikationen Gesamtverband
Sozialleistung „Bildung und Teilhabe“ kaum genutzt: Neun von zehn Kindern in Brandenburg erhalten keine Unterstützung

Rund neun von zehn Kindern in Brandenburg bleibt der Anspruch auf Teilhabe vorenthalten – Paritätischer kritisiert Bildungspaket als zu bürokratisch und Wohnort-abhängig. In Märkisch-Oderland, Elbe-Elster und Frankfurt/Oder sind die Nutzerzahlen besonders gering.

Ein Kind läuft an der Hand einer erwachsenen Person

Nach einer Studie der Paritätischen Forschungsstelle erhalten in Brandenburg nur rund 11,2 Prozent aller leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen Unterstützung zur Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben. Das ist noch einmal deutlich weniger als der bundesweite Durchschnitt: Hier läuft die Leistung bei vier von fünf Kindern ins Leere. Regional sind es insbesondere die Landkreise Märkisch-Oderland (4,8%), Elbe-Elster (7%) und die Stadt Frankfurt/Oder (9%), in denen die Menschen die Leistungen für ihre Kinder kaum abrufen.

Sportvereine, Musikschulen, oder Theaterbesuche – für solche Freizeitaktivitäten sind Teilhabeleistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket vorgesehen, die finanziell benachteiligte Familien sonst nicht finanzieren können. Familien beantragen die Mittel bei ihrer Stadt oder in ihrem Landkreis. Die Leistung ist ein Bestandteil des Unterstützungspakets „Bildung und Teilhabe“, das unter anderem auch gemeinsame Mittagsverpflegung, Schulbedarf, Nachhilfe und Klassenfahrten für sozial schwache Familien umfasst.

„Für die Entwicklung von Kindern ist Sport, die Beschäftigung mit einem Musikinstrument oder der Besuch eines Kindertheaters von großer Bedeutung. Das darf nicht am Geldbeutel der Eltern scheitern. Deshalb wurde vor 14 Jahren das Bildungs- und Teilhabepaket eingeführt. Doch eine teils sehr bürokratische Beantragung, der Mangel an Beratung oder auch einfach Unkenntnis, manchmal vielleicht auch Scham führen offensichtlich dazu, dass nur ein Bruchteil der Familien diese Möglichkeit nutzt“, erklärt Andreas Kaczynski, Vorstand des Paritätischen Landesverbandes Brandenburg. „Jede Kommune organisiert die Beantragung dieser Sozialleistung anders. Das führt dazu, dass es vom Wohnort abhängt, wie gut oder schlecht Familien Sozialleistungen wie den Anspruch auf Teilhabe nutzen. Hier sollte dringend nachgesteuert werden, denn die Kinder sind unsere Zukunft.“

„Laut Sozialgesetzbuch II sind die Träger der Grundsicherung verpflichtet, Leistungsempfangende bei der Beantragung von Teilhabeleistungen zu unterstützen und berechtigte Familien proaktiv zu beraten. Das erfolgt, wie die Daten zeigen, nach wie vor viel zu wenig in Brandenburg. Doch es geht anders. Es gibt Kommunen in Deutschland, die mit Guthabenkarten arbeiten. So können Familien Leistungen ganz einfach und unbürokratisch in Anspruch nehmen“, erklärt Birgit Uhlworm, Geschäftsführerin beim Brandenburger Landesverband der Selbsthilfegruppen Alleinerziehender SHIA in Königs Wusterhausen.

Die Bundesregierung plant laut Koalitionsvertrag, die Teilhabeleistung von bisher 15 Euro pro Kind auf 20 Euro im Monat zu erhöhen. Nach aktuellen Erkenntnissen des Paritätischen Gesamtverbandes verfehlt jedoch gerade diese Teilhabeleistung des Pakets „Bildung und Teilhabe“ die beabsichtigte Wirkung fast vollständig. Der Wohlfahrtsverband schlägt deshalb vor, die geplanten 20 Euro Teilhabeleistung pauschal an alle leistungsberechtigten Kinder und Jugendliche auszuzahlen. Zudem gelte es, einen Rechtsanspruch auf Angebote der Kinder- und Jugendarbeit zu schaffen, damit das Paket seine Wirkung entfalten kann.

Als einen Grund für die geringe Nutzung des Angebotes sieht der Paritätische Brandenburg neben bürokratischen Hürden für die Inanspruchnahme auch eine fehlende Kinder- und Jugendarbeit in den Städten und Gemeinden Brandenburgs. Eine pauschale Auszahlung des Geldes an alle Kinder und Jugendlichen, die Ansprüche darauf haben, führe zu Entbürokratisierung und einfachere Teilhabe. Außerdem sei es wichtig, die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe für junge Menschen vor Ort durch Rechtsansprüche auszubauen und abzusichern. Dies gelte umso mehr, als jegliche Bemühungen der Bundesregierung hin zu einer Kindergrundsicherung eingestellt scheinen.

Katja Wolf

Referentin Kommunikation
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